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Der Erhalt unserer biologischen Vielfalt ist eine Gemeinschaftsaufgabe, der sich alle Ebenen annehmen müssen: Von EU, Bund und Land bis hin zu den Kreisen und Kommunen muss dieses Thema aufgegriffen und angegangen werden. Das Naturschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg unterstreicht die Verpflichtung der öffentlichen Hand zum Schutz der Natur in §2 NatSchG. Städte und Gemeinden können viel zur Förderung der Biodiversität beitragen. Wir geben euch einen Überblick über die Maßnahmen, die vor Ort umgesetzt werden können.
Kommunale Handlungsmöglichkeiten zur Stärkung der Biodiversität
Biodiversitätsstrategie
Eine in der Kommune erarbeitete Biodiversitätsstrategie erfasst systematisch die Naturschutzaktivitäten vor Ort und ermöglicht eine Abstimmung der Maßnahmen und Akteure. Der Ist-Zustand wird festgehalten und eine gemeinsame Vision für den zukünftigen Naturschutz vor Ort wird entwickelt. So können kurz-, mittel- und langfristige Ziele gemeinsam festgehalten und später überprüft werden. Mehr Informationen zu den Vorteilen und Möglichkeiten gibt es beim BUND e.V. und beim BMUV.
Masterplan Bienen- und Insektenschutz
Spezifischer als eine Biodiversitätsstrategie ist ein Masterplan für Bienen- und Insektenschutz. Das Prinzip ist jedoch gleich. Anstatt vereinzelter, unkoordinierter Maßnahmen soll der Ist-Zustand erhoben, Lücken identifiziert und Maßnahmen sowie Akteure koordiniert werden. Außerdem werden Anreize geschaffen für die Bürgerschaft sich für den Insektenschutz einzubringen. Ein gutes Beispiel ist hier der Antrag der Grünen Fraktion im Stadtrat von Karlsruhe.
Biotopverbund
Ein Biotopverbund ist die Vernetzung von Lebensräumen von Tieren und Pflanzen. Der Ausbau des Biotopverbundes liegt im Wirkungsbereich der Kommunen und ist ein wichtiger Baustein, um das Artensterben zu bremsen. Das Land Baden-Württemberg unterstützt Kommunen bei der Biotopverbundplanung mit der Förderung von Planungskosten und anschließenden Umsetzungsmaßnahmen. Unseren Artikel zum Thema Biotopverbund findet ihr hier.
Artenschutz in der Bauleitplanung
Im Zuge der Eingriffsregelung können in den Bebauungsplänen naturnahe Vorgaben gemacht werden. Einen guten Überblick über Natur- und Artenschutz in der Bauleitplanung gibt es beim BW Ministerium für Verkehr und Infrastruktur.
Kommunale Pachtverträge
Die Landwirtschaft ist in Deutschland der größte Flächennutzer und trägt durch Intensivierung zum Verlust der Biodiversität bei. Kommunen, die auch landwirtschaftliche Flächen besitzen, können durch Maßnahmen wie die Anpassung von Pachtverträgen, die Förderung von Vertragsnaturschutz und biodiversitätsfördernden Programmen aktiv zum Erhalt der biologischen Vielfalt beitragen. Das Thema kommunale Pachtverträge vertiefen wir hier.
Öffentliche Grünflächen
Für öffentliche Grünflächen gibt es verschiedene Maßnahmen, die zur Stärkung der Biodiversität beitragen:
- Grüne Stadtentwicklung: Auch innerorts kann Biodiversität gefördert werden, indem blau-grüne Infrastruktur geschaffen wird. Seien es Parks, Grünstreifen oder Verkehrsinseln – jeder Quadratmeter zählt. Viele der Maßnahmen wie Blühwiesen oder klimaangepasste und insektenfreundliche Staudengärten mit einer Schicht aus Splittmulch (keine Schottergärten!) sind auf Dauer weniger kostenintensiv und pflegeleicht. Mehr dazu in unserem Beitrag Blühende Wiesen in Dörfern und Städten.
- Ein Verzicht auf Pestizide (Neonicotinoide, Glyphosat, u.a.) bei der Grünflächenpflege. Das Umweltbundesamt informiert ausführlich zur Pestizidfreien Kommune. Vertieft wird das Thema in unseren Beiträgen Pestizidfreie Kommune und Ohne Glyphosat.
- Eine reduzierte Mahdhäufigkeit. Ideal ist eine gestaffelte zweimalige Mahd oder zweimalige Beweidung. Die Mahd sollte nur mit Balken-, nicht mit Kreiselmähern erfolgen. Das Mähgut auf öffentlichen Grünflächen sollte abgeräumt werden. Mehr Infos gibt es beim NABU.
- Falls Schäfer auf der Gemarkungsfläche sind, ist es wichtig, die Möglichkeiten von – wolfssicheren – Nachtpferchen zu unterstützen. Außerdem ist es hilfreich Wanderwege zu erleichtern indem hierfür gemeindeeigene Grundstücke zur Verfügung gestellt werden bzw. wenn Auflagen bei deren Verpachtung an Landwirte (in Kooperation mit den Schäfern) gemacht werden.
Schnittgut
Die kostenlose Schnittgutsammlung durch die Gemeinde schafft einen Anreiz für Wiesen- und Streuobstwiesenbesitzer, ihre Streuobstbäume wieder zu schneiden und zu pflegen. Besonders attraktiv sind Modelle, bei denen das Schnittgut am Wegesrand der Streuobstwiesen abgelegt werden kann und dort von der Gemeinde aufgesammelt und direkt zu Holzhackschnitzeln weiterverarbeitet wird (z.B. in Remseck). Auch für private Gärtner wird es durch kostenlose Schnittgutsammlungen einfacher, ihre Gärten zu pflegen, größere Mengen Schnittgut zu bewältigen und umweltgerecht zu entsorgen.
Streuobst
Der Erhalt und die Pflege von Streuobstwiesen ist ein wichtiger Baustein für Biodiversität in Baden-Württemberg. Hier können Gemeinden die Akteure vor Ort vielfältig unterstützen. Wichtig ist die enge Kooperation mit BUND, NABU, Imkern, Obst- und Gartenbauvereinen, Landfrauen, Schwäbischem Albverein, usw. Um das Thema immer wieder ins lokale Bewusstsein zu holen, eignen sich Aktionen im Rahmen eines jährlichen Streuobsttages. Großes öffentliches Interesse besteht beispielsweise, wenn Apfelsortenbestimmungen angeboten werden. Weitere Informationen findet ihr in unserem Beitrag zum Schutz von Streuobstbeständen.
Naturschutzfonds
Die Einrichtung eines städtischen Naturschutzfonds ermöglicht die Förderung von Biodiversitätsprojekten, die z.B. durch Schulen, Vereine, private Initiativen und Naturschutzverbände initiiert und getragen werden. Ein gutes Beispiel ist der Stuttgarter Naturschutzfonds. Auch die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg unterstützt Projekte zum Erhalt der biologischen Artenvielfalt.
Zivilgesellschaftliches Engagement fördern
Dies kann z.B. durch einen kommunalen Wettbewerb für Maßnahmen und Projekte zum Bienen- und Insektenschutz geschehen. Zielgruppe sind Vereine, Schule, Private und Gewerbetreibende. Oder durch einen Wettbewerb, bei dem biodiverse Privatgärten ausgezeichnet werden. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.
Weitere Informationen:
- Zahlreiche Praxisbeispiele unter https://kommbio.de/praxisbeispiele/
- Broschüre „Artenreichtum durch nachhaltige Nutzung. Kommunale Handlungsspielräume zur Förderung der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft“ des Vereins Kommunen für biologische Vielfalt e.V.
- Handbuch „Stadt trifft Natur: Kooperation für Biodiversität in der Kommune“ des BUND
- Musterantrag "Naturnahe Grünflächen in der Kommune" >>
- Pachtverträge an Landwirte Standards Antrag 2020 >>
- Pachtverträge Entscheidung beim Rat Antrag 2020 >>
- Beispielantrag zu Biodiversität und Insektensterben in Freiburg
- Beispielantrag zu bienenfreundlicher Bepflanzung aus Pforzheim
- Beispielantrag Biodiversitätsstrategie aus Nürnberg
- Beispielantrag FSCE Zertifikat Oberursel (Hessen)
Katharina Eckert
Referentin der Geschäftsführung