Kostenfreie Menstruationsprodukte: Best-Practice für Kommunen

Wir zeigen auf, warum kostenfreie Menstruationsprodukte ein kommunalpolitisches Thema sind und wie die Umsetzung vor Ort gelingen kann.

Warum sich Kommunen mit Periodenarmut befassen sollten

Periodenarmut ist auch in Deutschland Realität: Jede zehnte menstruierende Person spart bewusst an Hygieneprodukten – mit gesundheitlichen Folgen und Einschränkungen im Alltag. Besonders junge Menschen und Personen mit geringem Einkommen sind betroffen. Der Zugang zu Tampons und Binden darf aber keine Frage des Geldbeutels sein.

Kommunen haben die Möglichkeit, zu handeln. Durch die Bereitstellung kostenfreier Menstruationsprodukte in öffentlichen Gebäuden und Schulen können sie niedrigschwellige Hilfe leisten und einen Beitrag zu Gleichstellung, Gesundheit und Teilhabe leisten – im Rahmen ihrer freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben. Eine Regelung auf Bundes- oder Landesebene ist gesetzlich nicht möglich.

Umsetzung in der eigenen Kommune

Die Bereitstellung kostenfreier Menstruationsprodukte kann unkompliziert im Rahmen eines Pilotprojekts starten – zum Beispiel in einer Schule, einem Jugendhaus oder im Rathaus. Erste Erfahrungen helfen, Bedarf, Kosten und Organisation besser einzuschätzen. Die Umsetzung erfolgt in vielen Kommunen über einfache Spender in Toilettenräumen, die regelmäßig befüllt werden – etwa durch den Hausmeisterdienst.

Ein Ratsbeschluss ist in der Regel ausreichend. Wichtig ist dabei die enge Abstimmung mit Verwaltung, Gleichstellungsbeauftragten und ggf. Schulleitungen. Viele Städte wie Heidelberg, Tübingen, Freiburg, Stuttgart oder Karlsruhe zeigen, dass eine Einführung ohne großen bürokratischen Aufwand möglich ist – und gut angenommen wird.

Finanzierung

Die Kosten für Spender und Produkte sind überschaubar: Ein Spender kostet einmalig etwa 100–150 Euro, die monatlichen Nachfüllkosten liegen – je nach Nutzung – bei rund 100–200 Euro pro Standort. Viele Kommunen starten mit wenigen Standorten und weiten das Angebot bei positiver Resonanz schrittweise aus.

Die Finanzierung kann flexibel erfolgen: Entweder über den kommunalen Haushalt (z. B. über Gleichstellungs-, Schul- oder Sozialbudgets) oder direkt durch die Einrichtungen selbst. Auch Mittel aus dem Schulbudget wurden bereits erfolgreich genutzt, etwa in München. Entscheidend ist, dass die Finanzierung langfristig verlässlich eingeplant wird.

Debatte

Das sind Artikel des täglichen Bedarfs – dafür ist der Staat nicht zuständig.

Menstruationsprodukte sind kein gewöhnlicher Konsumartikel. Sie sind eine gesundheitliche Notwendigkeit für die gesellschaftliche Teilhabe von etwa der Hälfte der Bevölkerung. Besonders für junge Menstruierende oder Menschen in finanziell prekären Situationen kann das Fehlen von Tampons oder Binden im öffentlichen Raum oder in der Schule dazu führen, dass sie Veranstaltungen, den Unterricht oder Termine abbrechen müssen. Das ist eine reale Barriere für Chancengleichheit und Teilhabe – und damit ein politisches Thema.

Der Vergleich hinkt. Menstruationsprodukte sind mit Klopapier, Seife oder Handtüchern vergleichbar – Hygieneartikel, die auf öffentlichen Toiletten bereits selbstverständlich zur Verfügung stehen. Die medizinische Notwendigkeit und Regelmäßigkeit der Nutzung macht sie unverzichtbar. Außerdem ist der finanzielle Aufwand für Kommunen überschaubar, da die Stückkosten bei nur ca. 3 Cent liegen.

Erfahrungen aus Städten wie Heidelberg, Kiel oder Ingolstadt zeigen: Das Missbrauchsrisiko ist sehr gering. Die Produkte werden in der Regel verantwortungsvoll verwendet. Wenn Menschen sich mehr mitnehmen, als sie akut benötigen, kann das auch ein Zeichen von tatsächlicher finanzieller Notlage sein – und unterstreicht die Wichtigkeit des Angebots. Der mögliche „Schaden“ durch Mehrverbrauch ist im Vergleich zu den positiven Effekten sehr gering.

Auch diese Sorge hat sich in der Praxis meist nicht bestätigt. Die meisten Kommunen berichten, dass die Spender gut angenommen und pfleglich behandelt werden. Wo es dennoch zu Vorfällen kommt, können vandalismussichere Spender installiert werden – auch diese gibt es bereits auf dem Markt.

Die Kosten sind überschaubar: Ein Spender kostet einmalig etwa 100–150 Euro. Die laufenden Kosten für Nachfüllung liegen – je nach Standortfrequenz – bei ca. 100–200 Euro im Monat. Viele Städte starten mit Pilotprojekten an wenigen Standorten und sammeln dabei Erfahrungen zur Bedarfsplanung. Eine Ausweitung kann schrittweise erfolgen.

Das ist formal richtig – aber realitätsfern. Die Pauschalen für Hygieneartikel in der Grundsicherung sind nicht geschlechtsspezifisch und decken die zusätzlichen Kosten für Menstruierende nicht angemessen ab. Studien zeigen, dass Menstruationsprodukte jährlich Kosten von bis zu 550 Euro verursachen können. Außerdem betrifft Periodenarmut auch Menschen, die nicht im Leistungsbezug sind – etwa Schüler:innen oder Geringverdienende.

Best-Practice

Mehrere Städte in Baden-Württemberg zeigen bereits, wie die Bereitstellung kostenfreier Menstruationsprodukte erfolgreich umgesetzt werden kann. In Heidelberg startete 2022 ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt an vier Standorten. Nach positiver Auswertung wurde das Angebot auf Schulen, Jugendtreffs und Bürgerämter ausgeweitet – die Verantwortung für Befüllung und Finanzierung liegt inzwischen bei den jeweiligen Einrichtungen.

Auch in Tübingen und Stuttgart haben sich grüne Fraktionen erfolgreich für kostenfreie Menstruationsprodukte eingesetzt. In beiden Fällen wurde das Thema in den Gemeinderat eingebracht, mit dem Ziel, insbesondere jungen Menschen in Schulen oder Jugendhäusern den Zugang zu erleichtern.

Diese Beispiele zeigen: Der Einstieg gelingt oft über kleine Pilotprojekte. Die Erfahrungen schaffen Akzeptanz, liefern Zahlen für den Haushalt und erleichtern den politischen Konsens für eine Ausweitung.

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Katharina Eckert

Referentin der Geschäftsführung

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