„Ampel sendet Signale an die Kommunen“

Die neue „Ampel-Koalition“ kann starten. Doch was bedeutet die ungewöhnliche Farbkonstellation für die Kommunen? Immerhin taucht der Begriff „Kommunen“ 60 Mal auf den 178 Seiten auf. Matthias Gastel, MdB, gibt uns Antworten.

von Matthias Gastel, MdB und Mitglied im GAR-Vorstand

Die neue „Ampel-Koalition“ kann starten. Doch was bedeutet die ungewöhnliche Farbkonstellation für die Kommunen? Immerhin taucht der Begriff „Kommunen“ 60 Mal auf den 178 Seiten auf. Eine zentrale Aussage lautet:

„Wir streben eine engere, zielgenauere und verbindliche Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen an. Dazu werden wir gemeinsam mit Kommunen und Ländern einen Föderalismusdialog zur transparenteren und effizienteren Verteilung der Aufgaben, insbesondere zu den Themen Katastrophen- und Bevölkerungsschutz, Bildung und Innere Sicherheit sowie zur Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung, führen.“

Hier ein kleiner Überblick über einige Details, sortiert nach Themenfeldern.

Klimaschutz und Energie
SPD, Grüne und FDP sichern in ihrem Koalitionsvertrag zu, Kommunen bei Investitionen in Klimaresilienz, insbesondere in eine klimafeste Wasserinfrastruktur, die Extremniederschlägen und Niedrigwasser Rechnung trägt, zu unterstützen.

Der Bund bekennt sich auch zu seiner Unterstützung für kommunale Investitionstätigkeiten im Bereich des Klimaschutzes und der Transformation. Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaft (Innovationsförderung, Dekarbonisierung etc.) sollen aufgestockt werden.

Die neue Koalition hat sich vorgenommen, im 1. Halbjahr 2022 unter Beteiligung der Kommunen einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren anzustoßen. Vorgesehen ist, dass zwei Prozent der Landesflächen für Windenergie ausgewiesen werden.

Die Beteiligung von Standort- und Nachbarkommunen an der Wertschöpfung für Freiflächen-Photovoltaik- und Onshore-Windkraft-Anlagen sollen für Neuanlagen verpflichtend gemacht werden.

Verkehr
Gerade im Bereich der Bahn werden viele wichtige Ziele und Maßnahmen genannt: Die Regionalisierungsmittel für die Bestellung von Regionalverkehren sollen erhöht werden (leider wird kein Betrag genannt), mehr Oberzentren sollen eine Fernverkehrsanbindung erhalten, Bahnhofsprogramme solle gebündelt und gestärkt werden, stillgelegte Strecken sollen reaktiviert und Stilllegungen vermieden werden. Für neue Gewerbegebiete sind Gleisanschlüsse zu prüfen. Die „Erschließungs- und Qualitätsstandards für alltagstaugliche Mobilitätsangebote als möglichst vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr“ soll gemeinsam mit Kommunen definiert werden und erinnert stark an die Mobilitätsgarantie, an der Baden-Württemberg bereit arbeitet.

Für die Stärkung des Radverkehrs soll das Radverkehrsnetz ausgebaut werden. Das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung angepasst werden an die Erfordernisse von Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie der Stadtentwicklung. Leider wurde nicht ausdrücklich festgehalten, dass die Kommunen eigenständig auf allen innerörtlichen Straßen über Tempo 30 entscheiden können, wie wir es wollten. Kommunale Spitzenverbände haben die etwas vage gehaltene Aussage im Koalitionsvertrag bereits zu Gunsten der Kommunen ausgelegt.

Soziales, Wohnen und Lärmschutz
Die Grundsicherung soll in ein „Bürgergeld“ überführt werden. Mit verbessertem gesetzlichem Rahmen sollen die Angemessenheitsgrenzen verbessert werden, um den Kommunen zu ermöglichen, die Kosten der Unterkunft als regionalspezifische Pauschalen ausbezahlen zu können.

Im Bereich des Wohnens wurden ambitionierte Wohnbauziele gesetzt (400.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich gefördert) und qualifiziertere Mietspiegel unter Berücksichtigung der letzten sieben Jahre zugesagt.

Die Städtebauförderung soll ausgeweitet werden. Es soll eine Gesamtlärmbetrachtung eingeführt werden, in die verschiedene Lärmquellen einfließen.

Kinder, Familien und Bildung
Zum weiteren Ausbau von Kita-Plätzen soll ein Investitionsprogramm aufgelegt werden. An den Kosten der Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern wird sich der Bund dauerhaft beteiligen und für einen besseren Mittelabruf beim Digitalpakt Schule sorgen. Mit dem neuen Programm „Startchancen“ soll mehr als 4.000 Schulen mit besonders vielen sozial benachteiligten Schüler*innen ein „Chancenbudget“ gewährt werden, um diesen Investitionen in „moderne, klimagerechte, barrierefreie Schulen mit einer zeitgemäßen Lernumgebung und Kreativlaboren“ zu ermöglichen.

Mit einer Anpassung des Arbeitszeitgesetzes sollen Sonntagsöffnungen für Bibliotheken ermöglicht werden.

Viele der Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag werden im operativen Geschäft von Regierungs- und Parlamentshandeln noch konkretisiert werden müssen. Gerne stehe ich als Kontaktperson zwischen Euch in der Kommunalpolitik und der Bundesebene zur Verfügung.

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