Wirtschaftsförderung: Gemeinden und Regionen im Blick
Kommunale Wirtschaftspolitik hat viel mit Flächen zu tun: Es werden Flächen gebraucht, damit bestehende Betriebe erweitern können, und weitere Flächen dafür, dass sich neue Betriebe ansiedeln. Wir Grünen wollen, dass der Flächenverbrauch hierfür minimiert wird. Das wird möglich über eine kluge Flächenvorratspolitik, bei der auch innerstädtische Gewerbebrachen reaktiviert werden. Neue Siedlungs- und Gewerbeflächen sollen unserer Auffassung nach nur dann ausgewiesen werden, wenn dies die vorhandene Infrastruktur weiterentwickelt und wenn kommunale Ziele anders nicht erreicht werden können.
Uns ist eine regional abgestimmte Wirtschaftspolitik wichtig, ebenso wie interkommunale Projekte. Regionen sollen als gemeinsamer Raum wahrgenommen und geplant werden. Wir wollen, dass kommunale Wirtschaftsförderung sich von lokalem Vorrangdenken löst – wir bevorzugen eine gemeindeübergreifende Ausrichtung.
Denn die Vernetzung von Städten und Gemeinden einer Region kann viele Vorteile bringen: Netzwerke zwischen Unternehmen, Hochschulen und Verwaltungen bauen sich auf, Betriebe kooperieren, regionale Wirtschaftskreisläufe werden gefördert. Längst weiß man, welch wichtige und nachhaltige Standortfaktoren entstehen können durch all jene Möglichkeiten, die in regionalen Kooperationen, regionalem Wissenstransfer, regionaler Infrastruktur, regionalen Verkehrslösungen und einem regionalen Arbeitskräfteangebot liegen. Nicht zuletzt haben Regionen mit unverwechselbaren Besonderheiten auch Elemente für den Tourismus zu bieten.
Effiziente Energiepolitik sehen wir als weiteres großes Thema für die Wirtschaftsförderung. Damit verbunden ist auch der massive Ausbau erneuerbarer Energien. Darin liegen große Potentiale für das lokale Handwerk und den Mittelstand.
Um regionale Wertschöpfungsketten zu stärken, müssen wir die Landwirtschaft unbedingt einbeziehen. Das gilt zum Beispiel fürs Vermarkten der regionalen Produkte oder für Öffentlichkeitsarbeit.
Eine kommunale Wirtschaftsförderung hat zudem die Aufgabe, Startups, neue Talente und neue Potenziale für unternehmerisches Handeln zu fördern. Wir wollen, dass Frauen wie auch Menschen mit Migrationshintergrund als Unternehmerinnen und Unternehmer stärker in den Fokus rücken.
Die Wirtschaft braucht flächendeckend Breitbandzugänge nach dem aktuellen Stand der Technik (Glasfaser). Damit das Netz zügig und bedarfsgerecht ausgebaut werden kann, sind Kooperationen mehrerer Kommunen sinnvoll und unterstützenswert.
Die kommunale Daseinsvorsorge sichern
Für eine hohe Lebensqualität ist auch die kommunale Daseinsvorsorge wichtig: sauberes Trinkwasser, moderne und effektive Bildungsangebote, eine ambulante und eine stationäre Krankenversorgung, ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz sowie der Ausbau digitaler Angebote. Hinzu kommen Lebensmittelüberwachung, Abfallwirtschaft, Abwasserentsorgung und Feuerwehr. Wir wollen, dass die Kernaufgaben der Daseinsvorsorge in kommunaler Hand sind und bleiben. Dass wir diese Aufgabenfelder demokratisch kontrollieren können, ist ein hohes Gut und wichtig für die Qualität.
Für eine grüne digitale Zukunft
Die Geschwindigkeit der digitalen Veränderungsprozesse ist atemberaubend. Das stellt nicht nur jede und jeden Einzelnen vor große Herausforderungen, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes. So steht der globale Arbeitsmarkt vor dem größten Umbruch seit Jahrzehnten. Selbstfahrende Fahrzeuge, denkende Maschinen, intelligente Lagersysteme und eine internetbasierte Verwaltung werden in den nächsten eineinhalb Jahrzehnten zahllose Arbeitsplätze kosten. Gleichzeitig werden die neuen Techniken neue Jobs entstehen lassen, vor allem in der Beratungs- und Dienstleistungsbranche.
Wir gehen diesen Weg mit. Das Land gibt in den nächsten beiden Jahren 325 Millionen Euro aus, um Digitalisierungsmaßnahmen zu fördern. Auf kommunaler Ebene müssen wir die Chancen, welche die Digitalisierung bietet, zielstrebig umsetzen – ohne die damit verbundenen Gefahren auszublenden. Ein konkretes Ziel ist es, den Service für die Bevölkerung und für die Wirtschaft zu verbessern, indem Verwaltungsabläufe digitalisiert werden.
Gemeinwohl als Wirtschaftsfaktor begreifen
Kommunale Bilanzen oder Erfolge sollen in Zukunft mit mehreren Maßstäben bewertet werden. Nicht nur in finanzieller Hinsicht: Neben der klassischen Finanzbilanz müssen auch Werte einbezogen und verglichen werden, die gesellschaftlichen Nutzen bilanzieren. Dazu gehören Bedürfnisbefriedigung, Sinnstiftung, Teilhabe aller, Mitbestimmung, Geschlechterdemokratie, ökologische Nachhaltigkeit und Lebensqualität. Eine solche Bilanz des Gemeinwohls ist ein konkretes, umsetzbares Instrument für Unternehmen, Organisationen und Kommunen aller Größen und Rechtsformen. Gemeinwohlökonomie ist ein Schritt auf dem Weg hin zu einer Wirtschaftsweise, die in erster Linie den Menschen in den Mittelpunkt stellt und ihm dient. Kommunale Unternehmen sollen hierbei Vorreiter und Impulsgeber sein.
Wenn Kommunen und ihre Betriebe Kapital anlegen, sind neben der Anlagesicherheit auch ethische Kriterien zu beachten, die Umweltstandards und soziale Standards als Anlagebedingung festlegen.
Kommunen als verantwortungsvolle Arbeitgeber
Von Kommunen wird zu Recht erwartet, dass sie sich auch als Arbeitgeber gemeinwohlorientiert verhalten und gute Arbeits- und Ausbildungsbedingungen bieten. Einfache Tätigkeiten an Subunternehmen auszulagern, um Kosten zu sparen, widerspricht diesem Prinzip. Denn es ist oft unsozial und trägt zu weiterer sozialer Spaltung bei.
Wir wollen, dass die öffentliche Verwaltung und die städtischen Betriebe ihr Angebot flexibler Arbeitszeiten weiter ausbauen. Das Ziel ist, dass sich Familie und Beruf noch besser vereinbaren lassen. Führungspositionen in der Verwaltung sollen häufiger von Frauen übernommen werden – wir fordern gezielte, wirksame Schritte in diese Richtung. Dass Frauen und Männer generell gleiche Berufschancen und Karrieremöglichkeiten haben, ist eines der grundsätzlichen Ziele unseres grünen Wertekanons. Verwaltungen sollen zudem Menschen mit Migrationshintergrund einstellen und gezielt weiterbilden. So können wir die interkulturelle Ausrichtung und den Inklusionsgedanken stärken. Wir fordern, dass Kommunen als gute Arbeitgeber das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) unbedingt einhalten – dann muss niemand beispielsweise auf Grund der sexuellen oder geschlechtlichen Identität mit Diskriminierung rechnen. Gute Arbeitsbedingungen und Weiterbildungsmöglichkeiten machen Kommunen auf dem immer enger werdenden Markt der Fachkräfte attraktiv.
Kommunen sollen die Möglichkeiten des Tariftreuegesetzes nutzen, also bei öffentlichen Aufträgen die Tarifbindung fordern und vertraglich festschreiben. Für kommunale Tochtergesellschaften gilt dasselbe.
Die Kommune als Kundin: ökologisch und fair
Jede Gemeinde oder Stadt kauft Materialien und Produkte für Büros, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheime, Jugendhäuser und viele andere Einrichtungen. Somit sind Kommunen selbst ein beträchtlicher Wirtschaftsfaktor. Wir fordern, dass die Kommunen bei ihren Einkäufen mit gutem Beispiel vorangehen und umweltverträgliche Produkte und Waren aus der Region bevorzugen. Sie sollen ihre Ausschreibungs- und Vergaberichtlinien entsprechend festschreiben.
Verzichten sollen Kommunen auf Produkte, die den sozialen Standards nicht entsprechen, beispielsweise weil sie in Kinderarbeit hergestellt werden. Wir begrüßen es, wenn sich Kommunen als Fairtrade-Town zertifizieren lassen.
Kommunen tragen Verantwortung für den Klimaschutz. Für uns gehört es auch dazu, den Fuhrpark und die Energieversorgung emissionsarm, nachhaltig und ökologisch zu organisieren.
Das öffentliche Vergaberecht für Bau- und Dienstleistungen bietet gute Möglichkeiten, Aufträge so auszuschreiben, dass dabei ökologische und soziale Kriterien beachtet werden. Wir wollen dafür sorgen, dass dieser Hebel zukünftig stärker genutzt wird.
Kommunale Finanzen – zukunftsfest wirtschaften
Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts. Deshalb brauchen Kommunen für die wichtigen Aufgaben, die sie erfüllen, auch die finanziellen Mittel. Immer wieder müssen die öffentlichen Aufgaben und die dafür zur Verfügung stehenden Finanzen neu austariert werden zwischen Bund, Land und Kommunen. Kinderbetreuung, Ganztagesschulen, Teilhabe von Menschen mit Behinderung, sozialer Wohnungsbau oder auch ein guter öffentlicher Personennahverkehr sind Beispiele für Zukunftsaufgaben, welche die Kommunen finanzieren müssen. Aber alleine können sie das nicht stemmen.
Ab dem Jahr 2020 gilt die Schuldenbremse. Es wird für die Kommunen deshalb noch wichtiger, Prioritäten zu setzen. Wir werden darauf achten, dass keine Belastungen in die Zukunft verschoben werden. Gebäude, Straßen, Brücken müssen deshalb laufend instandgehalten werden. Schuldenabbau ist ein wichtiger Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Dazu gehört es auch, die implizite Verschuldung abzubauen, also versäumte Sanierungen und Instandhaltungen nachzuholen.
Kommunen müssen nachhaltig wirtschaften. Bei einem Bauprojekt beispielsweise müssen die Folgekosten konsequent berücksichtigt werden, auch, um Energieeinsparungen ökonomisch darzustellen. Und weil sich die Bevölkerungsstruktur verändert, ist es wichtig, Gebäude so zu konzipieren, dass sie nicht nur dem heutigen Zweck dienen, sondern auch umgewidmet und gemeinschaftlich genutzt werden können.